Der Wecker klingelt und ich und meine Zimmerkameraden realisieren schlagartig wie kurz eine Nacht sein kann, wenn der Tag schon um 6:15 Uhr beginnt. Direkt nach dem Verlassen des noch von der Nacht aufgewärmten Bettes, zwingt man sich in seine raue Alltagskleidung und begibt sich zur Kantine, welche um diese Uhrzeit genauso leer ist wie mein Kopf in der letzten Mathearbeit. Die einzigen Menschen, die man dort vorfindet, sind die Praktikanten aus den anderen Zimmern, welche im schlimmsten Fall noch erschöpfter sind als man selbst.

Das Frühstück sowie die Busfahrt verlaufen in lustigen Gesprächen und dem Lästern über die anderen Praktikumsgruppen, welche über eine Stunde mehr erholenden Schlaf bekommen, früher Schluss haben und sich genauso über Arbeitszeiten beschweren wie wir.

Beim Ankommen auf dem Unternehmensgelände könnte man denken, man habe ein Ortsschild verpasst, bis man realisiert, dass das, was auf den ersten Blick wie eine Metropole wirkt, sich als Magna-Industriegebiet herausstellt. Beim Verlassen des Busses schlägt einem die kalte Morgenbrise von Graz ins Gesicht, welche man schon auf dem Weg zum Bus auszublenden versuchte.

Blick aus dem Bus auf die Autobahn

Wir gelangen durch den Gast-Eingang zum Check-in, wo wir unsere Arbeiterausweise vorzeigen, auf welchen wir durch die schlechte Beleuchtung der Webcam, welche uns am ersten Tag fotografierte, wie Schwerverbrecher aussehen. Trotzdem wird uns der Zutritt auf das Gelände gewährt. Sobald man dieses betritt, ist oberste Vorsicht geboten, denn riesige Lastkraftwagen rasen quer über unseren Weg zur Lehrwerkstatt.

Allerdings sieht man auch allerhand interessante und faszinierende Dinge, auf welche ich aufgrund der Geheimhaltungspflicht nicht weiter eingehen werde.  In der Lehrwerkstatt abgekommen, melden wir uns beim Ausbildungsleiter, welcher uns jeden Morgen in die Praktikumsbereiche „Elektromechatronik“, „Instandhaltung“ oder „KFZ-Mechatronik“ einteilt. Er begleitet uns nach unten zur Werkstatt, da unsere Praktikumsausweise unpraktischerweise bei allen elektronischen Schlössern abgewiesen werden. In der Werkstatt befinden sich auch die Kabinen mit den Schließfächern, wo wir unsere Arbeitsuniform vorfinden.

Sie besteht aus einer knallroten Trägerhose, welche sich am ersten Morgen wie eine Zwangsjacke anfühlte, einer roten Jacke mit der Aufschrift „Schnupperlehrling“ und einem Paar Schuhen mit schweren Stahlkappen. Durch dieses Aussehen erregt man sehr viel Aufmerksamkeit, da alle andern mit blauen T-Shirts und einer normalen Arbeitshose rumlaufen. Nachdem man sich an das Anziehen der Arbeitskleidung gewöhnt hat, begeben wir uns in unseren Gruppen zu unseren Stationen.

Die Praktikanten in Arbeitskleidung bei Magna

In der Elektomechatronik darf ich nun das erste Mal löten und erfahre im selben Zuge, was es heißt, sich an knapp 450 Grad heißem Metall zu verbrennen. Außerdem sollen wir ein Kabel bauen, welches wirklich Einsatz finden wird, wobei allerdings mein Gruppenpartner ganz schön Geduld braucht, da ich mein Kabel viermal neu verdrahten muss.

In der KFZ-Mechatronik wird uns der Aufbau und die Funktionsweise des 2-Takt-Motors erklärt, welchen wir auch wirklich auseinanderschrauben dürfen. Mehrfach kommt die Sorge auf, ob wir den im Nachhinein auch wieder richtig zusammenkriegen würden. Aber es funktioniert.

Die Instandhaltung liegt außerhalb der Lehrwerkstatt in einer richtigen Produktionshalle, durch die wir einen Rundgang erhalten, wobei ich allerdings befürchte, von den Funken erwischt zu werden.

Die Praktikanten vor dem Magna Gebäude

Und auch die anderen Maschinen werden uns erklärt. Das Interessanteste ist zu sehen, in welchem Verhältnis die Arbeiter in der echten Produktion zu ihrem Beruf und ihren Kollegen stehen, welche Freiheiten sie in ihrer zu erledigenden Arbeit haben und was sie ihren Lehrlingen und uns für die Zukunft raten. So kommt es, dass man sich sehr schnell integriert fühlt und sich mit den Lehrlingen und Gesellen gut versteht.

Um 14:12 Uhr endet das Praktikum und nachdem man das morgendliche Prozedere noch einmal andersherum durchläuft, um zum Bus zu kommen, ist jeder mehr als nur bereit, die eine bis eineinhalb Stunden Freizeit zum Ausruhen zu genießen, da es fast jeden Tag ab 16 Uhr weitergeht. Man will uns Graz näherbringen, obwohl wir uns alle ziemlich einig sind, darauf verzichten zu können.

Ich würde sagen, dass meine Erwartungen erfüllt wurden und ich auch trotz der unangenehmen Arbeitszeiten gerne Magna besucht habe.

Die Praktikanten bei Magna mit Ihren Urkunden